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Wie jedes Jahr gibt es auch heuer wieder einen TOUREN-SPORT-REIFEN -TEST den ich Euch nicht vorenthalten möchte.

Die Zeitschrift hat sechs aktuelle Tourensportreifen in den Dimensionen 120/70 ZR 17 und 180/55 ZR 17 im Vergleichstest unter die Lupe genommen! Hier die Diagnose nach 2.000 Kilometern.

Ist Ihr Motorrad zum Saisonstart vom trägen Kurvenflow betroffen? Mangelt es an Handling und Haftung? Wir haben da einen Rezeptvorschlag: neue Reifen!

Welche Reifen wurden getestet?

  • Bridgestone Battlax T 32
  • Continental Road Attack 3  => NACHTRAG:  ab Mitte 2022 gibt es den neuen Conti Road Attack 4
    Dieser soll vor allem auf Nässe noch besser performen als der Conti Road Attack 3.
  • Dunlop Roadsmart III 
  • Metzeler Roadtec 01 SE 
  • Michelin Road 5 GT 
  • Pirelli Angel GT II 

 

  • So testet MOTORRAD 
  • Touren-Motorradreifen auf der Landstraße 
  • Touren-Motorradreifen im Nässe-Test 
  • Touren-Motorradreifen im Verschleiß-Test 
  • BMW F 900 XR: Das Motorrad im Reifentest 
  • Fazit 

🏆  Die    Reifenempfehlungen 

  • Wer einen Allrounder sucht, der die beste Rezeptur speziell bei Schlechtwetter bietet, zieht den Michelin Road 5 bzw. 5 GT (je nach Freigabe) auf die Felgen. 
  • Wer vor allem Wert auf einen ultimativen Dauerläufer legt, der begibt sich mit Metzelers Roadtec 01 SE auf die lange Reise. 

Mit ihrem ausgewogenen Mix fahren diese beiden Typen schließlich, wenn auch nur knapp, den Testsieg auf der BMW F 900 XR ein. Die getesteten Dimensionen sind 120/70 ZR 17 vorn und 180/55 ZR 17 hinten. 

Ziehen wir nach 2.000 Kilometern ein Fazit, das sich bereits nach den ersten 200 Kilometern angedeutet: Die aktuelle Tourenreifengeneration des Jahrgangs 2020/21 fährt auf einem extrem hohen Level. Sie hat den Anspruch, ein universaltauglicher Alleskönner zu sein, und den kann jeder Kandidat in unserem Test durch die Bank eindrucksvoll unterstreichen. Das oftmals zweite oder dritte Update der verschiedenen Modellreihen ist inzwischen extrem ausgereift, sodass beim Umbereifen nahezu blind ins Regal gegriffen werden kann. Eher darf man sich von persönlichen Vorlieben leiten lassen. 

 

Bridgestone Battlax T 32
Der neue Bridgestone Battlax T 32 fährt sich unterm Strich besser als der Vorgänger T 31. 

Gewicht: vorne 4,4 kg, hinten 6,7 kg 

Landstraße/Alltag: Mit zwei unterschiedlich harten Gummimischungen vorne und sogar drei hinten setzt der T 32 auf eine sehr ausgefeilte Machart. Dennoch fährt sich der gutmütige Reifen gegenüber der Konkurrenz eher unauffällig. Er spricht bei kalten Temperaturen gut, aber nicht überdurchschnittlich an und lenkt neutral wie handlich ein. Mit zunehmendem Verschleiß sind leichte Gegenlenkkräfte in Schräglage spürbar. Gute Eigendämpfung. 

Naßtest: Das stark ausgeprägte Negativprofil verspricht eine gute Wasserverdrängung, was sich aber im Test nicht auffällig bemerkbar machte. Im Vergleich zur Konkurrenz ist die Haftung in Schräglage etwas geringer, beim Beschleunigen und auf der Bremse bewegt sich das Niveau auf Augenhöhe mit dem Testfeld. 

Verschleiß: Breite Profilrillen mit entsprechend hohen Walkbewegungen begünstigen den Profilabbau, sodass am Schluss vor allem vorne über 50 Prozent Verschleiß gemessen werden. 

Fazit: Der neue T 32 fährt sich unterm Strich besser als der Vorgänger T 31, doch die Konkurrenz ist und bleibt stark. Punkten kann der Bridge­stone als guter Allrounder, doch bei Nässe und Laufleistung fehlt das i-Tüpfelchen. 

 – Urteil: gut 

 
 

Continental Road Attack 3
 Der Continental Road Attack 3 bleibt wie seine Vorgänger ein wunderbar agiler und sportlicher Reifen für die Landstraße. 

Gewicht: vorne 4,7 kg, hinten 6,4 kg 

Landstraße/Alltag: Der Conti überzeugt mit der kürzesten Einfahrzeit, eine ab Werk aufgeraute Reifenoberfläche und der Verzicht auf Trennmittel sorgen für gute Haftung bereits auf den ersten Metern. Die überragende Handlichkeit der Vorgänger hat bei Nr. 3 etwas nachgelassen, dafür ist die Geradeauslaufstabilität inzwischen vorbildlich. Sportliche Piloten profitieren von einer satten, mehr als ausreichenden Haftung auch bei zügiger Fahrweise. 

Naßtest: Das beim Road Attack 2 bemängelte Defizit im Regen hat der Nachfolger komplett abgestellt. Der Dreier liefert in puncto Nassgrip eine solide Vorstellung ab, die zwar nicht ganz an das Spitzentrio im Test heranreicht, aber im Ernstfall – z. B. bei der Notbremsung im Regen – kann man zu 100 Prozent auf den Conti zählen. 

Verschleiß: Das überarbeitete, nun mehr technisch gestylte Profil wirkt sich positiv auf den Verschleiß aus. Mit vier weiteren Konkurrenten landet der Conti nach 2.000 km weit vorne. 

Fazit: Auch der Road Attack 3 bleibt wie seine Vorgänger ein wunderbar agiler und sportlicher Reifen für die Landstraße. Durch seine deutlich gesteigerte Regenperformance hat dieser Conti nun aber deutlich an Alltagsqualität gewonnen. 

 – Urteil: sehr gut 

 
 

Dunlop Roadsmart III
Der Dunlop Roadsmart III kann sich vor allem beim schnellen Schräglagenwechsel in Szene setzen. 

Gewicht: vorne 4,5 kg, hinten 7,3 kg 

Landstraße/Alltag: Der Roadsmart III kann sich vor allem beim schnellen Schräglagenwechsel mit den geringsten Lenkkräften beeindruckend in Szene setzen. Leichtfüßiger als die Konkurrenten klappt er von einer Schräglage in die nächste – ohne dabei nervös zu wirken. Die Rückmeldung bei kalten Temperaturen ist einen Hauch verhaltener als z. B. beim Michelin. Warmgefahren überzeugt er aber mit satter Kurvenstabilität und exakter Lenkpräzision. 

Naßtest: Wir klagen auf hohem Niveau! Der Dunlop gibt auch bei Regen eine saubere Vorstellung ab, wobei im direkten Vergleich der Schlupf minimal früher einsetzt sowie Vorder- und Hinterreifen eine etwas zu verhaltene Rückmeldung für die Haftreserven vermitteln. So mangelt es im Nassen ein wenig an Vertrauen. 

Verschleiß: Der Roadsmart III kann wie auch das Gros des übrigen Testfelds mit vergleichsweise geringem und zudem sehr ausgewogenem Verschleiß vorne wie hinten überzeugen. 

Fazit: Ab Werk bzw. in Serie etwas trägere Bikes können mit dem Dunlop deutlich an Agilität gewinnen. Und auch Piloten, die den schnellen Schräglagenwechsel lieben, werden vom Umbereifen auf den Roadsmart III profitieren. 

 – Urteil: gut 

 
 

Metzeler Roadtec 01 SE
Metzeler hat mit dem Roadtec 01 einen sehr alltagsorientierten Tourenreifen neu aufgelegt. 

Gewicht: vorne 4,4 kg, hinten 7,1 kg 

Landstraße/Alltag: „SE“ wie Sport Edition – das ist beim Metzeler augen- wie auffällig: reduzierte Profilzonen (hinten sogar bis hin zu einer slickähnlichen Schulterpartie) sowie eine gegenüber dem Standard-Roadtec überarbeitete Gummimischung, die dem SE eine herausragende Sportlichkeit verleiht. Bereits im kalten Zustand punktet der Metzeler mit sauberem Feedback, warmgefahren überzeugt er mit satter Haftung und sehr guter Kurvenstabilität. Neutrales Einlenkverhalten und gute Handlichkeit runden das Alltagsbild ab. 

Naßtest: Trotz der nachgeschärften Sportlichkeit ist der Grip im Regen phänomenal hoch und die Haftreserven lassen sich extrem gut einschätzen. Ein besonderes Plus ist die gute Balance zwischen Vorder- und Hinterreifen. 

Verschleiß: Auch wenn es nur um Zehntelmillimeter geht, macht der Roadtec mit geringstem Verschleiß an der Front das Rennen. In der Gesamtbetrachtung unser Laufleistungsking! 

Fazit: Mit dem Roadtec 01 hat Metzeler einen sehr alltagsorientierten Tourenreifen neu aufgelegt. Als SE-Version ist er nun deutlich sportlicher geworden, behält aber seine Allround­tugenden im Regen und als Dauerläufer bei. 

 – Urteil: sehr gut 

 

Michelin Road 5 GT
Wer bei Schlechtwetter bestmöglich unterwegs sein will, kommt am Michelin Road 5 definitiv nicht vorbei. Dazu passt aber auch die gute Nachricht für gutes Wetter – der Allrounder gefällt genauso in Schräglage bei Sonnenschein! 

Gewicht: vorne 4,4 kg, hinten 6,3 kg 

Landstraße/Alltag: Die fünfte Ausgabe der inzwischen schon legendären Road-Reihe mit der Zweikomponenten-Gummimischung namens „2CT“ liefert auf Anhieb die beste Rückmeldung im Test, auch bei sehr kalten Temperaturen! Mit guter Eigendämpfung gesegnet, vermittelt der Michelin weiterhin ein gutes Gefühl für die vorhandenen Haftreserven, die Kurvenstabilität bleibt auch bei zügigem Tempo sehr hoch. Gute Handlichkeit und Neutralität über den gesamten Schräglagenbereich runden das Bild des Allrounders gelungen ab. 

Naßtest: Er ist und bleibt die Macht im Regen, trotz immer stärkerer Konkurrenz. Satte Haftung – vorne mit Ultragrip – in Schräglage, beim Beschleunigen und auf der Bremse vermittelt allzeit ein gutes Gefühl und hohes Vertrauen. 

Verschleiß: Der gripstarke Vorderreifen muss auf den 2.000 Kilometern etwas mehr Profil lassen, hinten bewegt man sich dagegen im üblichen Rahmen. Insgesamt aber akzeptabel! 

Fazit: Wer bei Schlechtwetter bestmöglich unterwegs sein will, kommt am Road 5 definitiv nicht vorbei. Dazu passt aber auch die gute Nachricht für gutes Wetter – der Allrounder gefällt genauso in Schräglage bei Sonnenschein! 

Urteil: sehr gut 

 
 

Pirelli Angel GT II
Der Pirelli Angel GT II lässt dich fliegen, bei Sonne, im Regen, noch dazu sehr lange! 

Gewicht: vorne 4,3 kg, hinten 7,0 kg 

Landstraße/Alltag: Bereits der Angel GT konnte in Sachen Sportlichkeit brillieren, an die der Nachfolger GT II nahtlos anknüpft. Im Alltag ist das Potenzial für unser BMW-Testbike mehr als überragend. Besonders überzeugt der Pirelli mit dem Feedback für vorhandene Haftreserven. Lenkpräzision und Kurvenstabilität sind ohne Fehl und Tadel, die Handlichkeit ist nicht zu agil, sondern sehr ausgewogen und die Neutralität über den gesamten Schräglagenbereich ist vorbildlich. 

Naßtest: Der italienische Engel punktet ab dem ersten Meter mit satter Haftung. Dazu vermittelt er ein exzellentes Gripgefühl, selbst wenn es etwas schräger um nasse Kurven geht. Mit wenig Schlupf, viel Traktion und 1-a-Bremswerten liefert der Pirelli im Regen eine souveräne Vorstellung ab. 

Verschleiß: Vorderrad und Hinterrad verlieren auf unserer Tour gleichmäßig viel bzw. wenig Profil. Auch wirtschaftlich betrachtet ein Tipp! 

Fazit: Dieser Engel lässt dich fliegen, bei Sonne, im Regen, noch dazu sehr lange! Der Angel GT II ist die Empfehlung für sportliche Tourer, denen bei Schlechtwetter nicht das Herz in die Hose rutschen braucht. Denn auch Regen kann er!
Urteil: sehr gut

 

Touren-Motorradreifen auf der Landstraße 
Unter Idealbedingungen kommt keiner der hier getesteten Reifen auch nur annähernd an seine Grenzen. Wie definieren wir Landstraße? Am besten zunächst nach dem Ausschlussprinzip: alles, was nicht Autobahn ist. Aber auch dann haben wir unter diesem Sammelbegriff immer noch eine immense Spreizung. Schließen wir Bundesstraßen aus? Dann hören wir sie schon protestieren, die Leser aus der Rhön, der Eifel, dem Schwarzwald, dem Saar- oder Bergischen Land, wo so manche Bundesstraße als schmale Achterbahn in die Landschaft gemeißelt ist. Auch auf Bundesstraßen kann man es also ziemlich bunt treiben. Unterm Strich gilt für nahezu jeden Otto Normalfahrer: ob nun Bundes-, Land-, Kreis- oder D- wie Dorfstraße – je kurviger, desto besser. Und je sonniger, desto schräg. Frage an die Reifengattung: Geht ihr da mit? 

Um das auch lupenrein auszuloten, sind wir in den Süden Frankreichs aufgebrochen und haben uns dort vornehmlich auf Straßen der D-Sortierung mit meist dreistelliger Ordnungsnummer herumgetrieben. Was das heißt, sieht man sehr anschaulich auf dem Foto hier unten. Oder sehr eindrücklich auf einer „gelben“ Michelin-Karte, Maßstab 1:150.000. Eine Kurve jagt die nächste, und wenn man sich erst mal eingegroovt hat, kann man sich auch schnell in einen rauschähnlichen Zustand fahren. Die gute Nachricht schon jetzt: Weder Bike noch Pneu setzen wirklich Grenzen! 

Nun könnte der Kritiker einwerfen, mit der 900er-XR bewege man keinen PS-Hammer aus der 200-PS-Liga oder gar einen 350-Kilo-Fullsize-Tourer über die Straßen. Dem würden wir mit dem Erfahrungsschatz vorangegangener Reifentest-Orgien begegnen und konstatieren: Auch dann sähe das Bild nicht anders aus, der Eindruck bliebe – mit dem einen oder anderen minimalen Abstrich vielleicht – der gleiche. Warum ist das so? 

In erster Linie muss man der Reifen­industrie an dieser Stelle wirklich Respekt zollen. Das Entwicklungsniveau ist inzwischen dermaßen hoch, dass man speziell in diesem Testfeld selbst bei einem blinden Griff ins Reifenregal nicht ein Mal dumm dastehen würde. Die Modellnamen deuten es an: Roadsmart III, Road Attack 3, Angel GT II, Roadtec 01 SE … jeder Tourenreifen in diesem Test hat inzwischen die zweite oder gar dritte Modellpflege hinter sich. Und hat, das ist auch aus unserer langjährigen Testpraxis herauszulesen, mit jedem Update einen spür-, ja sogar einen in Punktewerten messbaren Fortschritt gebracht. 

Bringen wir es auf den Punkt: Unter Idealbedingungen – griffiger Asphalt, trockene Straße, motorradtaugliche Temperaturen – kommt keiner der hier getesteten Reifen auch nur annähernd an seine Grenzen. Was viel damit zu tun hat, dass zwischen den einzelnen Reifengattungen ein hoher Entwicklungstransfer stattfindet und die Grenzen zwischen einem Touren- und Sportreifen inzwischen wohl eher schwimmend gelagert sind. Bi- oder Multicompound hat sich mittlerweile auch hier etabliert, was konstruktiv viele Möglichkeiten schafft. So kann ein vergleichsweise harter und verschleißresistenter Mittelstreifen in der Gummimischung von weichen, gripstarken Schulterzonen umfasst werden. Und die haften, dass es eine Wonne ist. Selbst an den Tagen, wo morgens vorm Abflug noch der Raureif auf den Heizgriffen verdampfen muss. Handwarm gefahren, lässt sich jede egal wie bereifte XR bis ultimo abwinkeln und lustvoll durch die Provence treiben. Chapeau! 

Touren-Motorradreifen im Nässe-Test 
Können wir einen Regenkönig küren? Ja, den Michelin Road 5 GT!
Kommen wir im neuralgischen Kapitel eines jeden Reifentests zu dem Punkt, wo der Elefant das Wasser lässt – im wahrsten Sinne des Wortes. Also raus aus der Sonne, rein in den Regen. Mit welcher Performance werden uns jetzt die sechs Testkandidaten überzeugen? Setzt sich das extrem hohe Niveau aus Kapitel eins – mit Testergebnissen auf Augenhöhe – fort? Die Fragen sind berechtigt, denn in der Vergangenheit trennte sich gerade auf nassen Straßen die Spreu vom Weizen. Um zu habhaften Aussagen zu kommen, spielt natürlich der Fahreindruck real und in Echtzeit eine gewisse Rolle. Schließlich ist nichts härter als die Realität. Glitschige Asphaltdecken, rutschige Fahrbahnmarkierungen, womöglich noch gepaart mit wilder Bitumenpinselei, gerne auf der Ideallinie – jede/r kennt diese Situationen, wenn nicht nur der Wasserfilm auf der Bahn, sondern auch reichlich Pipi in den Augen steht. Da man aber Regen nicht auf Bestellung bekommt und die grundsätzlichen Bedingungen im Alltag nicht stabil bleiben, um hieb- und stichfeste Vergleichswerte einzufahren, wird die Nassperformance unseres Test-Sextetts unter konstanten und vor allem reproduzierbaren Idealbedingungen nochmals gesondert eingefahren. 

Dazu steht uns nicht nur ein siebtes Bike (hier kommt nun die weiße F 900 XR ins Spiel), sondern auch ein passendes Testgelände zur Verfügung. In diesem Jahr können wir die Nassteststrecke des Herstellers Goodyear-Dunlop nahe Montpellier (Frankreich) nutzen. Auf dem permanent bewässerten Rundkurs, der rechts im Streckenprofil zu sehen ist, können alle Reifen mehr oder minder gefahrlos im Grenzbereich ausgelotet werden – auf der Landstraße natürlich ein Ding der Unmöglichkeit. Praktisch veranlagte Kritiker könnten jetzt einwerfen: Was bringt diese Erkenntnis, wo doch niemand mit Verstand im verregneten Alltag auf der Hausstrecke seinem persönlichen Rundenrekord nachjagt? Das stimmt, allerdings gibt gerade dieser Test gnadenlos Aufschluss darüber, wie die einzelnen Reifenkonstruktionen im Regen funktionieren: Wie hoch (oder niedrig) ist das Gripniveau bei Nässe? Wie ist der Grenzbereich gestaltet? Kündigen sich Rutscher abrupt und spontan an oder wird der Pilot mehr oder minder soft auf das Ende der Fahnenstange – sprich das Griplimit – vorbereitet? 

Entsprechend sind die Rundenzeiten aus der Wertungstabelle zu interpretieren. Die Reifen, die in neuralgischen Zonen wie dem rot markierten Omega sehr früh und auch eine Spur zu plötzlich wegrutschen, büßen gegenüber den smooth haftenden und auch im Grenzbereich sehr gutmütig agierenden Gummis einige Sekunden ein. Wer ohnehin sehr defensiv im Regen unterwegs ist, wird dadurch bei allen sechs Paarungen keine Einbußen zu befürchten haben. Zumal alle Kandidaten im Härtetest bei einer Vollbremsung aus 100 km/h mehr oder minder auf Augenhöhe zum Stehen kommen. 

Touren-Motorradreifen im Verschleiß-Test 
Auf unserer ausgefeilten Landstraßenrunde schauen wir, wie es um Profilverlust und Qualität nach 2.000 Kilometern bestellt ist. Kein Reifentest ohne Verschleiß! Von diesem eisernen Grundsatz kann uns auch kein Coronavirus abbringen. Obgleich es uns der fiese Möpp in diesem bzw. letztem Jahr nicht leicht gemacht hat. Wie eingangs beschrieben, stand im Frühjahr 2020 alles bereit: Bikes, Reifen, Testfahrer, Roadbook für den Tankrucksack. Das Problem bei der Bewertung der Laufleistung: Man kann sie nicht auf einem Prüfstand simulieren. Oder über Wochen gestreckt häppchenweise einfahren. Zu viele Faktoren beeinflussen schließlich den Abrieb – mit der Folge, dass dann Modell A weder mit B noch C vergleichbar wäre. Das aber genau ist der Clou an unserem Verfahren, das es – nach unserem Kenntnisstand – kein zweites Mal auf der Welt gibt. Selbst die Reifenhersteller scheuen diesen Aufwand. 

Das Prozedere ist eigentlich recht simpel: Ein tupfengleicher Fuhrpark wird unterschiedlich bereift, im Anschluss setzt sich der Testtrupp synchron in Bewegung. Konstant und regelmäßig werden die Fahrzeuge nach festem Schema durchgetauscht, sodass weiterhin minimale Unterschiede der individuellen „Fahrgewohnheiten“ ausgeglichen werden. So ist unterm Strich sichergestellt, dass jeder Testkandidat gleichermaßen belastet wird und schließlich irgendwann relevante Messergebnisse auf dem Papier stehen, die untereinander vergleichbar sind. 

Nun ist – das macht das oben beschriebene Prozedere auch klar – der Reifenverschleiß tatsächlich eine von vielen Faktoren mehr oder minder stark abhängige Sache. Sprich: Es ist eher unwahrscheinlich, dass der hier dokumentierte Abrieb nach 2.000 km bei einem unserer Leser exakt so zu beobachten ist. Wie und wo ist man unterwegs gewesen: auf Schnellstraßen oder Landsträßchen, auf deutschem oder französischem Asphalt? Bei welchem Wetter? Wie bremst man in Kurven und beschleunigt aus Kehren – und so weiter und so fort. 

Im Extremfall ist bei dem einen Piloten nach 2.000 km schon die Verschleißgrenze von 1,6 mm erreicht, während ein anderer sich bei gleicher Kilometerleistung noch an über 80 Prozent Restprofil erfreut. Zeitbedingt mussten wir in diesem Jahr die übliche Anfahrt ins kurvige Testrevier „auf Achse“ wegfallen lassen – dafür war es im Dezember einfach schon zu spät. So stand schließlich anstelle der in den Vorjahren üblichen 4000 km nur die Hälfte auf dem Tripzähler. Trotzdem sind aber – der Blick aufs Diagramm zeigt es deutlich – signifikante Unterschiede zu sehen. 

BMW F 900 XR: Das Motorrad im Reifentest 
Nach dem ersten Test blieb uns die Cross­over-BMW in zwiespältiger Erinnerung. Vor allem eine diffuse Fahrwerksabstimmung trübte den Eindruck auf der flotten Landstraßenrunde. Wie ausgewechselt dagegen ließen sich die sechs Testbikes im Rahmen dieser in Summe 12.000 Reifentest-Kilometer fah­ren. Funktional, zuverlässig, komfortabel auch nach zehn und mehr Stunden im Sattel. Einige Bikes waren mit, einige ohne Schaltautomat ausgestattet. Ein Feature, das man entsprechend schnell schätzte – oder vermisste! 

Was für eine Dramatik war das im vergangenen Jahr. Wie immer war eigentlich alles für den MOTORRAD-Reifentest in trockenen Tüchern: Testmotorräder gefixt, Streckenplan für die Verschleißrunde ausgeknobelt, Testgelände für Funktionsfahrten gebucht, Personal rekrutiert – Motto: junge Männer mit Sitzfleisch zum Mitreisen gesucht. Dann kam Corona. 

Doch wie immer stirbt die Hoffnung zuletzt und als sich Richtung Jahresmitte ein Silberstreif am Horizont zeigte, setzten wir die ganze Maschinerie erneut in Gang. So konnten wir im Dezember 2020 – quasi mit dem letzten Licht des Jahres – in der noch sonnigen, aber schon recht kalten Provence den Reifentest doch noch einfahren. Mit dem riesengroßen Vorteil, dass wir nun bereits pünktlich zum Saisonstart 2021 das Ausrüstungsthema Nr. 1 hieven können: Reifen! Welche sind die besten zum Touren, Reisen und Rasen, beim Kurven auf nassen oder trockenen Straßen? Jeder, der jetzt gerade sein Motorrad aus der Garage rollt und stirnrunzelnd auf ein glatt geschliffenes Profil oder schon recht angegrautes Gummi schaut, kann regelrecht in Kauflust kommen. Denn neue Reifen sind immer noch die Tuningmaßnahme Nr. 1, um auch ein betagteres Bike wieder in Schwung zu bringen. 

Im ersten Teil widmen wir uns den allroundertauglichen Tourenreifen in den überaus gängigen Dimensionen 120/70 ZR 17 vorne und 180/55 ZR 17 hinten. Also Reifen für alle(s) und jede(s) – Motorrad wie Gelegenheit. Was wir unprätentiös als „Tour“ bezeichnen, heißt in den Herstellerprospekten oftmals Tourensport- oder Sporttouren. Was es eigentlich gut trifft. Denn diese Klasse hat seit geraumer Zeit an verdammt viel Pfeffer und Schärfe gewonnen. Selbst ein Power-Naked-Bike der Ü-150-PS-Klasse kann für den Alltagsein­satz mit einem Gummi aus diesem Testfeld ausreichend bereift sein. Vor allem, wenn es für einen klassischen Saisonverlauf von Ostern bis Oktober vorgesehen ist. 

FAZIT 
Die aktuellen Tourensportreifen beweisen erneut ihren Anspruch in allen Disziplinen bestehen zu können. Die Testsieger zeichnen sich durch hohen Grip und Leistung im Nassen aus und überzeugen mit geringem Verschleiß. 

2022-01-27 / JR

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